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Holz aus der Luft gegriffen

Ein Fachbeitrag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Rupert Wimmer

Vor Kurzem hat man mir folgende Frage gestellt: „Woher kommt eigentlich das Holz?“ Das scheint zunächst eine schlichte Frage zu sein, die Antwort ist aber doch komplexer.

Der flämische Universalwissenschaftler Johan Baptista van Helmont (1580 – 1644), er war Arzt, Naturforscher und Chemiker, hat sich einst dieser Frage intensiv gewidmet. Seit der Antike ging man davon aus, dass Materie aus vier Elementen besteht, nämlich Wasser, Erde, Feuer und Luft. Mit einem Weidenbäumchen hat van Helmont beweisen können, dass das nicht stimmt. Was hat er genau gemacht?

Er nahm das Weidenbäumchen, entfernte die Erde von den Wurzeln und wog 2.3 kg. Danach pflanzte er das Bäumchen in einen Topf voll ebenfalls abgewogener Erde. Die Weide wurde regelmäßig mit Wasser gegossen, sonst wurde nichts hinzugefügt. Nach fünf Jahren wog er alles ein zweites Mal. Von der Erde waren in dieser Zeit bloß 56 g verloren gegangen, der Baum hingegen wog hingegen inzwischen 77 kg. Daraus zog van Helmont folgenden Schluss: 74.3 kg Holz, Rinde und Wurzeln entstanden aus Wasser allein! Erst später haben andere Forscher erkannt, dass Pflanzen zum Wachsen nicht nur Wasser, sondern auch Luft und Sonnenlicht brauchen. Die Bestandteile aus dem Boden waren jedenfalls nur äußerst gering notwendig. Heute wissen wir, dass 99.5 % der Holzmasse eines Baumes aus der Luft (genauer gesagt dem Kohlendioxid aus der Luft) und dem Wasser kommen, lediglich 0.5 % stammen aus dem Boden. Holz ist also tatsächlich aus der Luft gegriffen und nicht aus dem Boden.

Holz speichert CO2

Durch die Holznutzung und die Weiterverarbeitung in langlebige Produkte wird das Kohlendioxid nicht sofort an die Atmosphäre abgegeben, sondern bleibt bis zum Ende der Nutzungsdauer im Holz gespeichert. In jedem Kubikmeter Holz ist eine Tonne CO2 gespeichert!

Zahlen und Fakten

  • 1 m³ Holz speichert rund 1 Tonne CO2
  • 1 m³ verbautes Holz erspart der Atmosphäre rund 2 Tonnen CO2
  • 80 % des bereitgestellten Frischholzes werden direkt zu Holzprodukten verarbeitet
  • 1 m³ energetisch verwertetes Holz ersetzt rund 200 Liter Erdöl

Holz & Klimaschutz

Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und Nutzung von Holz hat eine größere Klimaschutzfunktion als ein naturbelassener Wald. Bewirtschafteter Wald speichert langfristig mehr COpro Hektar und Jahr als nicht bewirtschafteter Wald.

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Wie entsteht aus Luft, Wasser und Energie das Holz?

Eine ausgewachsene Buche mit 25 m Höhe und 1 m Durchmesser hat zwischen 4 und 5 t Masse. Alle grünen Pflanzen (und bestimmte Bakterien) betreiben Fotosynthese und diese biochemische Reaktion ist der Grund dafür, weshalb es auf der Erde überhaupt Leben gibt. Pflanzen nutzen dabei Licht, Wasser und Kohlendioxid, um daraus etwas Neues, wie Holz, unter Abgabe von Sauerstoff zusammenzusetzen. Die Fotosynthese besteht aus der Lichtreaktion und der Dunkelreaktion. Innerhalb der Lichtreaktion werden die Voraussetzungen für die Dunkelreaktion geschaffen, indem zwei wichtige Moleküle hergestellt werden – und zwar der Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) sowie das Reduktionsmittel Nicotinamidadenindinukleotidphosphat (NADPH). Dabei wird in der Lichtreaktion mit Sonnenenergie das vorwiegend über die Wurzeln aufgenommene Wasser aufgespalten und gleichzeitig Sauerstoff abgegeben.

Das Holz selbst wird aber erst in der Dunkelreaktion erzeugt. Die Blätter haben auf der Unterseite kleine Öffnungen, die aus der Umgebungsluft das Kohlendioxid aufnehmen. Der Kohlenstoff im Kohlendioxid wird nun in Kohlenhydrate, genauer gesagt Glukose, umgebaut. Dabei werden die in der Lichtreaktion erzeugten Moleküle ATP und NADPH umgesetzt. Aus den erzeugten Zuckermolekülen wird Zellulose gebildet, welche die Zellwand aufbaut. Für das Wachstum unsere Buche, die etwa an die 5 t Masse hat, werden 9 t Luft-Kohlendioxid benötigt.

Menschen, die in Holzhäusern wohnen, können deshalb mit Recht behaupten, dass ihr Baumaterial Holz aus der Luft kommt. Dazu kommt, dass in einem Einfamilienholzhaus so viel Kohlendioxid steckt, wie durch die Bewohner des Hauses nach 40 Jahren Mobilität emittiert wird.

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Quellen

  • Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Rupert Wimmer

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Rupert Wimmer ist Professor am Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe (BOKU Wien) und  Bio-Resources & Technologies Tulln

 

Rechte & Produktion

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