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Wie schnell verrottet Totholz?

Ein Fachbeitrag von DI Thomas Leitner

Unter Totholz versteht man sowohl einzelne tote Äste an einem Baum als auch abgestorbene, stehende oder umgefallene Bäume. Auch forstwirtschaftlich nichtnutzbare Teile wie Wurzelstöcke oder im Wald verbleibende Stockabschnitte werden dazugerechnet. Einige Wissenschafter:innen rund um Werner Borken von der Universität Bayreuth sind der Frage nachgegangen, wie schnell Totholz verrottet. Diese Frage ist insofern interessant, da durch die Verrottung von Totholz CO2 in die Atmosphäre freigegeben wird. Die Kurzantwort der Studie: Schneller als man denk!

Wie kommt das CO2 in das Holz

Bäume nehmen im Zuge ihres Wachstumes CO2 aus der Atmosphäre auf und wandeln es gemeinsam mit Sonnenlicht und Wasser während der Photosynthese in Sauerstoff und Zucker um. Dieser Zucker wird weiterverarbeitet und letztendlich zu Kohlenstoff umgebaut, der im Holz gebunden ist. So speichert 1 m³ Holz rund 1 Tonne CO2 in Form von Kohlenstoff.

 

Klimaschutzwirkung von Totholz rasch verpufft

Einige sind der Meinung, dass Totholzanreicherung bzw. das Belassen von Holz im Wald die beste Klimaschutzwirkung wäre. Herr Borken hat mit seinen wissenschaftlichen Kolleg:innen jedoch entdeckt, dass Totholz nicht so langlebig und somit klimaschutzwirksam ist, wie bisher angenommen. Sie haben bei einem Versuch in deutschen Wäldern mit liegenden Totholz herausgefunden, dass, in Abhängigkeit der Baumart, nach zwischen 6 und 13 Jahre rund 50 % des Totholzes verrottet ist. Buche z.B. ist nach rund 13 Jahren zu 95 % verrottet und Fichte nach ca. 14 Jahren. Die Esche war mit 25 Jahren die ausdauerndste Baumart, die Hainbuche mit 12 Jahren die am schnellsten verrottende.

 

Holzverwendung ist der bessere Klimaschutz

Anstelle das Holz im Wald verrotten zu lassen, ist es klimaschutzwirksamer, es zu ernten und in langlebige Produkte zu verarbeiten. Sieht man sich alte Holzhäuser an, überdauern diese oft schon mehrere Jahrhunderte. Also haben diese Holzhäuser das darin enthaltene CO2 schon mehrere Jahrhunderte aus der Atmosphäre ferngehalten – doch deutlich länger, als wenn man es im Wald verrotten hätte lassen. Die Holzverwendung hat aber noch weitere klimaschutzwirksame Vorteile. Wird Holz anstelle von fossilen oder CO2-intensiven Materialien verwendet, wird eine enorme Menge an Treibhausgasen eingespart – die Umwelt wird erst gar nicht belastet. Ähnlich verhält es sich am Ende der Lebenszeit von Holzprodukten. Entweder werden sie wiederverwertet, oder letztendlich zu Energie umgewandelt.

In beiden Fällen sparen sie fossiles CO2 ein, denn auch beim Verbrennen wird nur so viel CO2 abgegeben, wie während des Wachstums aufgenommen wurde. Durch die Holznutzung werden auch die Wälder klimafit gemacht und an die kommenden Herausforderungen der Klimakrise bestmöglich angepasst. Klimafitte Waldbewirtschaftung beinhaltet aber auch einen gewissen Anteil an Totholz.

Totholz & Waldbiodiversität

Totholz ist eine der zentralsten Biodiversitätsstrukturen im Wald und bietet Lebensraum sowie Nahrungsquelle für zahlreiche Totholzspezialisten wie holzbewohnende Insekten und Pilze. Durch seine Rolle im Nährstoffkreislauf trägt es maßgeblich zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt in Waldökosystemen bei.

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Totholz – ein Segen für die Artenvielfalt

Totholz ist ein sehr wichtiges Strukturelement im Wald in Bezug auf die Förderung der biologischen Vielfalt. Totholz ist Lebensraum für verschiedenste Organismen, aber auch Nahrungsquelle für Totholzspezialisten (z.B. holzbewohnende Insekten, Pilze, Mikroorganismen), die den Nährstoffkreislauf in Gang halten. Die Bereitstellung von organischem Material ist Voraussetzung für Humusaufbau und Bodenbildung. Sich zersetzendes Totholz hat aber auch feine wichtige Funktion für den Wasserhaushalt der Böden und die Regulation des bodennahen Mikroklimas. Liegendes Totholz unterschiedlicher Dimension (auch Schlagabraum) wirkt als Puffer bei Extremniederschlägen und Dürre und ist in vielen Waldgesellschaften eine wichtige Voraussetzung für das Aufkommen der Verjüngung.

Allgemein muss man davon ausgehen, dass etwas 20 – 50 % aller im Wald vorkommenden Pilze, Flechten, Moose, Schnecken, Käfer, Vögel und Säuger auf das Vorhandensein von Totholz angewiesen sind. Daran kann man die enorme Bedeutung des Totholzes für die Lebensvielfalt im Wald abschätzen.

 

Kontinuierlicher Totholzaufbau in Österreich

Der Aufbau von Totholzvorräten benötigt sehr viel Zeit. Jedoch hat man es in Österreich geschafft, dass seit 1960 der Totholzvorrat im Wald sich fast verdreifacht hat. Einerseits durch Belassen von bereits abgestorbenen Bäumen, andererseits durch Belassen von alten Bäumen, die mit der Zeit eben absterben. In Österreichs Wäldern liegt und steht mehr Totholz herum, als Luxemburg überhaut an Holzvorrat zu bieten hat. Laut österreichischer Waldinventur sind im Durchschnitt je Hektar 30 m³ Totholz zu finden – das entspricht mehr als eine LKW Ladung.

Waldökologie und Naturraummanagement im Forstgut Pichl der LK Steiermark
Totholz für Artenvielfalt im Wald
Artenvielfalt an der Forststraße

Zum Nachlesen

Quellen

Rechte & Produktion

© 2023 DI Thomas Leitner und waldgeschichten.com  –  Die österreichischen Familienwaldbetriebe & Österreichischer Forstverein  –  Unterstützt durch den Holzinformationsfonds der Landwirtschaftskammer Österreich.

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