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Holz hemmt Keime in Krankenhäusern
Studie zeigt: Massivholz ist keimhemmend, robust und – noch – unterschätzt
Eine aktuelle Studie zeigt: Massivholz ist keimhemmend und robust und kann einen Breitrag zur Heilung leisten. Der Einsatz von Holz im Gesundheitsbereich hat großes Potenzial und bedarf einer genaueren und systematischen Erforschung.
Zentrale Erkenntnisse der Studie
Holz ist hygienischer als gedacht: Massivholz erwies sich in Tests als keimresistenter als Kunststoff – vor allem bei Feuchtigkeit. Auch schädliche Ausdünstungen nehmen mit der Zeit ab.
(University of Oregon, 2025, Gwynne Á. Mhuireach et al, Effects of wetting events on mass timber surface microbial communities and VOC emissions: implications for building operation and occupant well-being, Frontiers in Microbiomes (2025). DOI: 10.3389/frmbi.2025.1395519)
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Holz hemmt Keime
Im Fokus der Untersuchung standen Oberflächen aus sogenanntem Massivholz, insbesondere Brettsperrholz. Die Wissenschaftler:innen wollten herausfinden, wie sich das Material in typischen Alltagssituationen im Gesundheitswesen verhält – etwa wenn Oberflächen durch Spritzer oder Dampf kurzzeitig feucht werden. Denn genau hier liegt ein häufiger Kritikpunkt: Die vermeintlich poröse Struktur von Holz gilt als Einfallstor für Bakterien oder Viren.
Doch die Forschungsergebnisse sprechen eine andere Sprache: In den Versuchsreihen wiesen die Holzproben durchgehend geringere Mengen an lebensfähigen Mikroben auf als die Kunststoff-Kontrollbox – ausgenommen in den ersten 14 Tagen nach der gezielten Übertragung. Das Team beobachtete sogar, dass eine kurzzeitige Befeuchtung die Anzahl lebensfähiger Bakterienzellen auf den Holzoberflächen reduzierte – unabhängig davon, ob das Holz beschichtet oder unbeschichtet war.
Reale Bedingungen, kontrollierte Testumgebung
Für das Experiment nutzten die Forschenden versiegelte Kunststoffboxen, in denen jeweils ein Block Brettsperrholz unter kontrollierten Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen platziert wurde. Um eine realitätsnahe Umgebung zu schaffen, wurde die Luft nach Krankenhausstandards gefiltert und regelmäßig ausgetauscht. Die Holzoberflächen wurden über einen Zeitraum von vier Monaten mit Leitungswasser besprüht und gezielt mit Mikroben beimpft, die typischerweise in Krankenhäusern vorkommen.
Untersucht wurden drei Varianten: eine einmalige Befeuchtung, tägliche Befeuchtung über eine Woche sowie tägliche Befeuchtung über vier Wochen. Neben den mikrobiellen Entwicklungen analysierte das Team auch die Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC), die durch Feuchtigkeit entstehen können.
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Terpene als natürliche Helfer
Ein besonderer Fokus lag auf den sogenannten VOCs – chemischen Verbindungen, die Holz bei Luftkontakt abgibt. Manche dieser Substanzen sind für Gerüche wie „Neuwagenduft“ oder Schimmel verantwortlich, andere gelten als gesundheitsfördernd. Holz setzt vor allem Terpene frei – Stoffe, die nicht nur angenehm riechen, sondern auch antimikrobielle Eigenschaften aufweisen können.
Die Studie dokumentierte einen leichten Anstieg der VOC-Emissionen nach der Befeuchtung, der allerdings in einem Plateau mündete und den natürlichen Abwärtstrend nicht störte. Für das Forschungsteam sind diese Ergebnisse ein wichtiger Baustein für die künftige Bewertung von Holz in der Raumluft – insbesondere im Hinblick auf das Wohlbefinden der Menschen im Gebäude.
Hygienisch, stabil und nachhaltig
Massivholz wird in den USA zunehmend als Baustoff eingesetzt – auch dank neuer Fertigungstechnologien wie Brettsperrholz, bei dem mehrere Lagen Holz kreuzweise verleimt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Material ist pro Kilogramm belastbarer als Beton oder Stahl, weist eine deutlich bessere CO₂-Bilanz auf und kann regional hergestellt werden. In Oregon zum Beispiel wird bereits intensiv an der Förderung heimischer Massivholzprodukte gearbeitet – unter anderem vom TallWood Design Institute, einer Kooperation zwischen der University of Oregon und der Oregon State University.
Doch das Projektteam denkt über die bautechnischen Aspekte hinaus: Ein zentrales Anliegen ist es, auch die Auswirkungen auf Gesundheit und Genesung sichtbar zu machen. Holz spricht nach Ansicht der Forschenden eine tief verankerte menschliche Sehnsucht nach Natur an – eine Eigenschaft, die Architekt:innen und Planer:innen unter dem Begriff „biophiles Design“ zusammenfassen.
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Biophilie als Baustein für Heilung
Die Idee dahinter: Menschen fühlen sich wohler und gesünder, wenn sie von natürlichen Materialien, Licht, Pflanzen oder Ausblicken ins Grüne umgeben sind. In Kliniken und Pflegeeinrichtungen könnte dies nicht nur das emotionale Wohlbefinden verbessern, sondern auch messbare Effekte auf die Genesung haben. Studien belegen bereits heute, dass biophiles Design mit kürzeren Krankenhausaufenthalten, geringerer Medikation und besserer psychischer Gesundheit einhergehen kann.
Ein weiterer Pluspunkt von Holz: Die Fähigkeit, Feuchtigkeit zu regulieren. Ein Tröpfchen, in dem ein Atemwegsvirus transportiert wird, bleibt auf Kunststoff oder Edelstahl länger flüssig als auf Holz – dort trocknet es schneller aus, was die Überlebenszeit der Viren verkürzt.
Noch viele Fragen offen – aber großes Potenzial
Die nun veröffentlichte Studie (04/2025) reiht sich in eine wachsende Zahl wissenschaftlicher Arbeiten ein, die sich mit der Rolle von Holz in Innenräumen beschäftigen. Besonders im sensiblen Bereich der Gesundheitsarchitektur könnte sich ein Umdenken abzeichnen – sofern weitere Forschung die Ergebnisse stützt und bestehende Bauvorschriften entsprechend angepasst werden.
Die Forschenden der University of Oregon sehen ihre Arbeit als wichtigen Impuls für genau diese Debatte. Massivholz ist hygienischer als oft angenommen – und könnte dabei helfen, Gesundheitseinrichtungen nicht nur funktional, sondern auch menschlicher zu gestalten.
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Schon gewusst?
Die besondere Kraft der Zirbe
Unter den heimischen Holzarten nimmt die Zirbe (Pinus cembra) eine Sonderstellung ein, wenn es um gesundheitsfördernde Eigenschaften geht. Eine vielbeachtete Studie des Joanneum Research Instituts für Nichtinvasive Diagnostik in Weiz unter der Leitung von Prof. Dr. Maximilian Moser konnte z.B. nachweisen, dass sich der Aufenthalt in einem Zirbenzimmer positiv auf den menschlichen Organismus auswirkt: Die Herzfrequenz reduziert sich im Schnitt um 3.500 Schläge pro Tag – das entspricht etwa einer Stunde „Herzarbeit“, die sich der Körper täglich erspart. Diese beruhigende Wirkung macht Zirbenholz besonders interessant für Patientenzimmer und Ruhebereiche in Krankenhäusern. Doch die Zirbe kann noch mehr.
Ihre ätherischen Öle, allen voran das Pinosylvin, wirken nachweislich antibakteriell und fungizid. Wissenschaftliche Untersuchungen der Universität Salzburg und des Joanneum Research zeigten, dass auf Zirbenholzoberflächen nach 12 bis 14 Stunden praktisch keine lebensfähigen Bakterien mehr nachweisbar waren – im Gegensatz zu anderen getesteten Holzarten.
In der Praxis zeigt sich das beispielsweise bei Brotkästen aus Zirbenholz, in denen Backwaren nachweislich länger frisch bleiben und weniger zu Schimmelbildung neigen, da Pinosylvin als natürliches Fungitoxid wirkt. Selbst Insekten meiden offenbar die duftende Atmosphäre der Zirbe: Eine österreichische Studie des Amtes der Tiroler Landesregierung belegte, dass die Larvenentwicklung von Kleidermotten in Zirbenholzkästen um 48 % reduziert wird. Auch andere ungebetene Gäste wie Fliegen, Mücken und Hausstaubmilben werden durch die ätherischen Öle abgeschreckt.
Diese natürlichen Eigenschaften machen die Zirbe zu einem idealen Kandidaten für hygienesensible Bereiche im Gesundheitswesen, wo sie nicht nur durch ihre keimhemmende Wirkung, sondern auch durch ihren charakteristischen, beruhigenden Duft zu einer heilungsfördernden Umgebung beiträgt.
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