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Beitrag der Forstwirtschaft zur Klimaneutralität 2050

Ein Fachbeitrag von Dipl.-Ing. Martin Höbarth

Kohlenstoffmanagement durch Waldbewirtschaftung und Holznutzung

Der Österreichische Forstverein versteht sich als Plattform für alle, denen der Wald und das Forstwesen ein Anliegen sind. Waldeigentümer und forstliche Praktiker, Experten aus Wissenschaft und Forschung, der Verwaltung sowie sonst am Wald interessierte Personen, Betriebe und Institutionen gestalten über den Österreichischen Forstverein und die Landesforstvereine. Daraus resultiert ein einzigartiges Fachkompetenz-Netzwerk zu allen Fragen, die den Wald betreffen. Aufgrund der forstpolitischen Bedeutung haben sich seine Fachgremien mit dem Kohlenstoffmanagement durch Waldbewirtschaftung und Holzverwendung als Beitrag der Forstwirtschaft zur Klimaneutralität bis 2050 befasst.

Hintergrund

Die durch den ungezügelten Verbrauch fossiler Rohstoffe verursachte globale Klimakrise wird auch die Herausforderung der Zukunft bleiben. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat die Europäische Kommission am 11. Dezember 2019 ihren „Green Deal“ präsentiert. Dieser hat unter anderem zum Ziel, dass bis 2050 in der EU keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden. Dies bedeutet, dass die Politik vom Landnutzungssektor, der als wichtigster Bereich CO2-Emissionen aufnehmen und speichern kann, über gesetzliche Regelungen einen entsprechenden Beitrag einfordern wird.

Die Art und Weise der zukünftigen Waldbewirtschaftung wird dadurch massiv beeinflusst werden. Beispiele dazu gibt es bereits, wie die Verordnung Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) oder die Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Produktion von Holzbiomasse im Rahmen der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED). Die Europäische Kommission sieht Lösungsmöglichkeiten vor allem in

  • a) einer deutlichen Reduktion der CO2-Emissionen um 55 Prozent bis 2030,
  • b) der spürbaren Steigerung der Rohstoff- und Energieeffizienz,
  • c) einer kreislauforientierten Bioökonomie und
  • d) der umfassenden Steigerung der Kohlenstoffspeicherung in Landökosystemen.

 

Zielkonflikte bei Biodiversitäts- und Klimapolitik vermeiden

Gleichzeitig mit dem Klimaschutz verfolgt die EU-Politik die Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität. Der Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt werden bewusst miteinander verknüpft. Daraus können sich aber auch Zielkonflikte ergeben, die derzeit in der Diskussion wenig beachtet werden. Im Rahmen einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung sind Biodiversitäts- und Klimaschutzziele vereinbar. Dazu gehört ein ausgewogenes Verhältnis von nachhaltig bewirtschafteten Waldflächen und wohlbegründeten Schutzgebieten. Die Forcierung bereits bestehender Maßnahmen, wie die Förderung von Veteranenbäumen bis hin zu Altholzinseln und Naturwaldreservaten auf Basis von Vertragsnaturschutz, fördern primär die Biodiversität. Sie sind integrativer Teil einer multifunktionalen Waldbewirtschaftung und eine Ökosystem-Dienstleistung jener, die den Wald bewirtschaften. Eine faire Abgeltung von Nutzungsverzichten und aktiven Maßnahmen wird dabei vorausgesetzt.

Zu den komplexen Zusammenhängen von Klimaschutz und neuen großflächigen Außernutzungsstellungen von Waldflächen im Kontext einer multifunktionalen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung hat der Österreichische Forstverein bereits im Mai
2012 ein eigenes Positionspapier veröffentlicht („Raidinger Deklaration“).

 

Waldwirtschaft & Holznutzung – Teil der Krisenbewältigung

Im Klimawandel ist der Wald selbst massiv Betroffener, aber auch Teil der Lösung. Die aktive Bewirtschaftung der Wälder zu deren Erhaltung sowie Erhöhung ihrer Leistungsfähigkeit und die effiziente Verwendung von Holz können einen maßgeblichen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise leisten. Dazu ist jedoch ein ganzheitlicher Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette Wald-Holz notwendig. Der Wald- und Holzsektor in Österreich ist seit Jahrzehnten aufgrund der Zunahme von Waldfläche und Holzvorrat eine Netto-Senke. Dies war und ist durch eine implementierte, nachhaltige Waldbewirtschaftung auf Basis des Forstgesetzes möglich.

Den Lösungsvorschlägen a) bis c) der EU-Kommission wird uneingeschränkt zugestimmt. Jedoch nur die Kohlenstoffspeicherung der Wälder in den Vordergrund zu stellen, ist aus folgenden Gründen unangebracht:

  • a) Wälder sind weltweit von der Klimakrise bedroht. Lange Dürreperioden und überdurchschnittlich hohe Temperaturen führen nicht nur verstärkt zu Waldbränden, extremen Sturmereignissen und erhöhtem Schädlingsdruck, sondern schwächen auch die Widerstandskraft des Waldes. Daher kann die Kohlenstoffspeicherung im Wald nicht die einzige waldbezogene Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels sein.
  • b) Die Aufgabe der Nutzung von Waldflächen bedeutet jedoch eine Reduktion der grundsätzlich nachhaltig verfügbaren Holzmengen. Die Dekarbonisierung kann aber ohne vermehrte Verwendung von Holz anstelle endlicher, klimaschädlicher Materialien nicht gelingen. Daher sind weitere Schutzgebiete umfassend auf ihre Auswirkungen auf das Potenzial für materielle Substitution, die Forcierung einer kreislauforientierten Bioökonomie sowie auf Wirtschaftssektoren und Beschäftigung auf nationaler und regionaler Ebene zu prüfen.
  • c) Der international wettbewerbsfähigen Holz verarbeitenden Industrie in Österreich würde nicht der volle Umfang an nachhaltig produzierbarem Rohstoff Holz zur Verfügung stehen. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze des gesamten Wald- und Holzsektors, insbesondere in ländlichen Regionen. Damit würden auch alternative Beschäftigungsmöglichkeiten (Green Jobs) für den jedenfalls schrumpfenden „fossilen Sektor“ verloren gehen.
  • d) Auf die Nutzungspotenziale des europäischen Waldes unbegründet und leichtfertig zu verzichten, würde eine Verschiebung der Holzproduktion in Regionen bedeuten, in denen keine vergleichbar hohen Umwelt-, Sozial- und Waldbewirtschaftungsstandards wie in Europa existieren. Dieser „Leakage-Effekt“ ist jedenfalls zu vermeiden. Die multifunktionale Waldbewirtschaftung und die nachhaltige Erzeugung von Holz sind Stärken Europas, die nicht geschwächt werden dürfen.

Wald & Biodiversität

Unsere heimischen Wälder sind Lebensgrundlage für unzählige Pflanzen und Tiere. Sie beheimaten rund 67.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, darunter 40.000 Insektenarten. Etwa 4.000 Pflanzen- und Tierarten sind davon bedroht. Durch Belassen von Totholz, Veteranenbäumen oder Altholzinseln fördern die Waldbesitzer die Biodiversität.

Wald & Bewirtschaftung

Der Wald wächst nach – wenn man ihn nachhaltig bewirtschaftet – und ist damit eine erneuerbare Ressource, die sehr vielfältig einsetzbar ist. Werden Waldflächen nicht genutzt, reduziert dies die nachhaltig verfügbaren Holzmengen – dies steht im Widerspruch zu den Zielen der Bioökonomie.

Wald & Klimaschutz

Durch aktive Waldbewirtschaftung entstehen stabile, vitale und zuwachskräftige Waldbestände, die mehr CO2 aufnehmen können und somit mehr zum Klimaschutz beitragen als überalterte Wälder. Der Ersatz fossil-intensiver Materialien durch Holz ist inklusive dessen langfristigen Speichereffekts der größte Hebel für den Klimaschutz.

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Allgemeine Grundsätze

  • a) Die Klimakrise wird durch den ungezügelten Verbrauch fossiler Rohstoffe verursacht. Der rasche Ausstieg aus den fossilen Rohstoffen und CO2-intensiven Materialien ist Voraussetzung, um den Klimawandel abschwächen zu können.
  • b) Der waldbasierte Sektor ist einer der wenigen Bereiche der Wirtschaft, der zusätzlich zur Reduktion fossiler Emissionen auch einen positiven Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise durch die Aufnahme von Kohlenstoff leisten kann. So wurden in der EU und auch in Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg die Waldfläche und der Holzvorrat laufend vergrößert. Damit wurde gleichzeitig eine wachsende Kohlenstoffsenke aufgebaut und zwar schon vor dem Jahr 1990, das als Referenzjahr in der Klimapolitik verwendet wird. Ohne diese enorme Vergrößerung der Kohlenstoffsenke wäre heute die Herausforderung zur Bewältigung der Klimakrise für die EU und für Österreich deutlich größer.
  • c) Das Problem „Klimawandel“ kann durch die Speicherung von Kohlenstoff in Land- bzw. Waldökosystemen nicht bewältigt werden. Es ist dies nur ein Beitrag zur Abmilderung. Die derzeit noch auf fossilen Rohstoffen basierende Wirtschaft muss im Sinne einer „biogenen Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft“ auf erneuerbare und nachwachsende Ressourcen umgestellt werden, und der Ressourcenverbrauch insgesamt muss drastisch reduziert werden.
  • d) Der Klimaschutz kann nur mit der Unterstützung und nicht gegen die Interessen der Bewirtschafter von Ökosystemen und der daran anschließenden Wertschöpfungsketten weiterentwickelt werden.
  • e) Ein verbessertes Kohlenstoffmanagement ist eine Dienstleistung für die Gesellschaft. Diesbezügliche Maßnahmen sollen durch motivierende politische Anreize auf freiwilliger Basis umgesetzt und auch in angemessener Form abgegolten werden.
  • f) Die Bewirtschaftung der Wälder muss unter dem Blickwinkel aller Waldwirkungen gesamthaft betrachtet werden. Die Eingrenzung allein auf Klimaschutz und Biodiversität wäre weder zum Wohle der Gesellschaft noch der Umwelt und damit ein gesellschaftspolitischer Rückschritt.

 

Kohlenstoffmanagement ist eine Klimaschutz-Dienstleistung

Die gezielte Beeinflussung der biogenen Kohlenstoffflüsse im Wald wird zu einer Zukunftsaufgabe der Waldbewirtschafter. In Zukunft muss ausschließlich mit jenem Kohlenstoff gewirtschaftet werden, der sich bereits im biogenen Kreislauf befindet. Dieser Kohlenstoff ist vor allem im Holz der Bäume sowie in den daraus gewonnenen Produkten gespeichert und wird vorher von diesen Bäumen über die Photosynthese der Atmosphäre entzogen. Ein wirkungsvoller Klimaschutz muss daher die Wälder vital erhalten und den im Holz gebundenen Kohlenstoff für die Bioökonomie nachhaltig nutzen. Die folgenden drei Ebenen sind daher zu berücksichtigen:

  • a) Substitution und Kohlenstoffspeicherung in Holzprodukten
    Wissenschaftliche Studien belegen, dass die vermiedenen fossilen Emissionen der stärkste Hebel beim Klimaschutz sind. Fossile Rohstoffe und CO2-intensive Materialien müssen daher durch biogenen Kohlenstoff, insbesondere Holz, ersetzt werden. Bei der stofflichen Nutzung wirkt zusätzlich der Speichereffekt über die gesamte Lebensdauer des Holzproduktes. Holzverwendung kann somit positiv zur Abschwächung der Klimakrise beitragen. Waldbesitzer erzeugen eine Vielzahl an Produkten, vom Energieholz über das Holz für die Papier- und Zellstoffindustrie bis hin zum Sägerundholz. Die „Entlohnung“ erfolgt auf dem Holzmarkt durch den Verkauf der jeweiligen Sortimente.
  • b) CO2-Aufnahme durch vitale Wälder
    Nur vitale Wälder können auch CO aufnehmen. Zudem ist die Fähigkeit von Waldökosystemen, den Kohlenstoff dauerhaft zu speichern, aufgrund natürlicher Vorgänge bzw. der Lebensdauer von Bäumen begrenzt. Der Großteil unserer heutigen Wälder wurde in einer Zeit begründet, in welcher der Klimawandel noch nicht spürbar war. Die Klimaerwärmung läuft viel zu rasch ab, als dass darauf gewartet werden könnte, dass sich diese Wälder von alleine an die veränderten Umweltbedingungen anpassen würden. Aktive Waldbewirtschaftung soll die Wälder bei der Anpassung an die neuen Klimabedingungen unterstützen, damit sie auch in Zukunft ein Maximum an CO aus der Atmosphäre herausholen können.
  • c) Kohlenstoffspeicherung im Wald
    Durch den Klimawandel wird das Wachstum der Wälder beeinflusst. So kann es auch zu einer Verringerung des Zuwachses und damit der CO2-Aufnahme und Kohlenstoffspeicherung kommen. Aus folgenden Gründen bestehen daher Zweifel, dass die derzeitige alleinige Fokussierung auf die maximale Vorratsanreicherung im Wald die erhoffte Klimaschutzwirkung erzielen kann:

     

    • Bestände mit geringerer Bestandsdichte weisen eine höhere Resistenz während bzw. eine bessere Erholung nach Trockenperioden auf. Stammzahlreiche, dichte und alte Wälder sind anfälliger gegen den Klimawandel.
    • Die Klimakrise führt weltweit zu einer verstärkten Baummortalität und lichteren Wäldern. Die damit verbundene stärkere Besonnung des Waldbodens führt zu Humusabbau und verstärkten CO2-Emissionen.
    • Die Alters-, Baumarten- und Vorratsstrukturen im österreichischen Wald sprechen mittelfristig für eine Abnahme der Speicherfähigkeit.
    • Die Kohlenstoffgehalte der Waldböden liegen in Österreich im Bereich der Sättigungspotenziale und können somit nicht mehr wesentlich zur Kohlenstoff-Sequestrierung beitragen.

Das Belassen von Holz im Wald bis zu seiner natürlichen Zersetzung sieht der Österreichische Forstverein daher nicht primär als eine langfristig wirkende Klimaschutzmaßnahme an. Vielmehr dienen solche Maßnahmen der Erhaltung und Förderung der Waldbiodiversität und sollten auch aus dieser Sichtweise heraus honoriert werden.

 

Honorierung von Klimaschutz-Dienstleistungen

Österreich weist einen sehr kleinstrukturierten Waldbesitz auf. Die durchschnittliche Waldausstattung der 137.600 Betriebe im Kleinwald (< 200 Hektar) liegt bei 11.7 Hektar. Äußerst komplexe und daher auch kostenintensive Zertifizierungen von Kohlenstoffpools sind Kleinwaldbesitzern nicht zumutbar und würden sie vom „Kohlenstoffmarkt“ ausschließen. Auf einzelne Forstbetriebe bezogene Kohlenstoffbilanzierungen erscheinen aus derzeitiger Sicht aber auch aufgrund der nach wie vor vorhandenen technischen Barrieren bei den Bilanzierungen problematisch zu sein. Die Honorierung von Klimaschutzleistungen könnte auf zwei Arten erfolgen:

  • a) Bezahlung für die Durchführung von Maßnahmen
    Die Wiederaufforstung nach Katastrophen, das Einbringen von Mischbaumarten sowie klimaangepasster Herkünfte und die Erhöhung der Strukturdiversität zur Stabilisierung des Ökosystems und Maßnahmen, die einen höheren Zuwachs bewirken, sind Klimaschutzleistungen durch Waldbesitzer, die leistungsbezogen honoriert werden sollten. Zusätzlich sollten Bauherren, die sich bewusst für den klimafreundlichen Baustoff Holz entscheiden, mit einem „Bonus“ je verbauter Tonne Kohlenstoff belohnt werden. Dies kann zu einer Holzbauoffensive führen und dem Klimaschutz dienen.
  • b) Pauschale Abgeltung des jährlichen Holzzuwachses
    Ohne CO2-Aufnahme (Zuwachs) gibt es auch keine Speicherwirkung (Holzvorrat). In die Zukunft betrachtet ist daher die wesentliche Kenngröße der Klimaschutzleistung eines Waldes der Zuwachs. Je vitaler Waldbesitzer ihren Wald halten, desto
    größer wird dieser Zuwachs. Der durchschnittliche Zuwachs in Österreich beträgt 9 Vorratsfestmeter je Hektar. Dafür könnte den Waldbesitzern ein marktkonformer Preis je Tonne Kohlenstoff ausbezahlt werden. Eine Differenzierung zwischen den
    Besitzkategorien ist möglich. Zur Finanzierung dieser Klimaschutzleistungen kommen mehrere Modelle infrage:
    • Ökosponsoring: Firmen, die in Richtung einer CO2-Neutralität streben, könnten als Investoren gewonnen werden.
    • Öffentliche Mittel: Einrichtung und Verwaltung eines Klimaschutzfonds durch den Staat. Gespeist werden sollte dieser durch eine Bepreisung für fossile CO2-Emissionen und Kompensationszahlungen für nicht vermeidbare fossile Emissionen aus dem Bereich des Handels mit Emissionszertifikaten (ETS). Derzeit existierende Fördertöpfe sind ungeeignet – sie sind viel zu gering dotiert und führen nur zur Verlagerung bestehender Zahlungsflüsse.

     

    „Greenwashing“ verbieten

    Firmen, die auf Basis hoher fossiler Emissionen Geld verdienen (z. B. Treibstoffproduzenten, Fluglinien etc.), neigen dazu, ihren Kunden pro getanktem Liter Treibstoff oder geflogenem Kilometer auf freiwilliger Basis einen „Klimaschutzbeitrag“ zu verrechnen. Mit diesem Geld werden z. B. Waldflächen zur Außernutzungsstellung angekauft. Damit wird dem Kunden „Klimaschutz“ vorgegaukelt und ein reines Gewissen vermittelt, obwohl mit seinem Handeln keine Treibhausgaseinsparung verbunden ist. Solche Aktivitäten, die häufig in Kooperation mit global agierenden Umweltkonzernen umgesetzt werden, sind als klassisches „Greenwashing“ zu bezeichnen. „Greenwashing“ führt eher zu einer Erhöhung von Treibhausgasemissionen und untergräbt zudem die ehrliche Abgeltung tatsächlicher Klimaschutzleistungen.

    „Greenwashing-Modelle“ sollten daher vom Gesetzgeber verboten werden. Wenn sich Konzerne und andere Akteure „klimaneutral“ nennen wollen, dann haben diese alle fossilen Emissionen bis auf den Anteil nicht vermeidbarer Emissionen zu reduzieren. Nicht vermeidbare fossile Emissionen sind mit Kompensationszahlungen zu belegen. Auch diese Zahlungen sollten in einen staatlich verwalteten Klimaschutzfonds fließen und für Klimaschutzprojekte herangezogen werden.

     

    Schlussfolgerungen

    • a) Es braucht einen Maßnahmenplan zum raschen Ausstieg aus fossilen Rohstoffen.
    • b) Der Bedarf zahlreicher Firmen, Kompensationsmaßnahmen für nicht vermeidbare fossile Emissionen zu setzen, ist enorm. Bisher fließt dieses Geld über global agierende Naturschutzkonzerne überwiegend in „Waldschutzprojekte“ und Neuaufforstungen außerhalb Europas. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, damit sich neue Märkte im Bereich des Klimaschutzes entwickelt können, ohne bisherige Stoffströme zu zerstören.
    • c) Der LULUCF-Bereich ist für Kompensationszahlungen aus dem ETS-Bereich und aus Teilen des Non-ETS-Bereiches (Verkehr, Hausbrand) zu öffnen.
    • d) Der seit dem Jahr 1960 um etwa 390 Millionen Vorratsfestmeter auf aktuell 1.18 Milliarden Vorratsfestmeter gesteigerte Holzvorrat im österreichischen Wald ist als Vorleistung der Forstwirtschaft zum Klimaschutz anzuerkennen und entspricht einem Linderungseffekt von rund 650 bis 700 Millionen Tonnen CO2.
    • e) Der laufende, jährliche Zuwachs muss auch in Zukunft geerntet werden dürfen, um
      • 1. eine steigende Nachfrage nach dem Rohstoff Holz für die Bioökonomie auch bedienen zu können,
      • 2. möglichst viele Waldbestände in der Phase einer hohen jährlichen CO2-Aufnahme zu halten und um
      • 3. einen altersbedingten Zuwachsrückgang zu vermeiden.
    • f) Ein zusätzlicher Kohlenstoffaufbau ist eine Mehrleistung und auf Basis von Vertragsklimaschutz abzugelten.
    • g) Aus Klimaschutzgründen sind insbesondere Maßnahmen, welche die Anpassung und Vitalität der Wälder und deren Zuwachs steigern, als Klimaschutz-Dienstleistung anzuerkennen.
    • h) Vom Staat ist ein eigener „Klimaschutzfonds“ einzurichten und auch zu verwalten. Gespeist werden soll dieser Fonds aus den Kompensationszahlungen einzelner Großemittenten und Sektoren, die aus der Verfehlung von Reduktionszielen resultieren. Aus diesem Fonds sollen auch die Klimaschutzmaßnahmen der Waldbesitzer finanziert werden.
    • i) Weitere großflächige Außernutzungsstellungen führen zu einer stark reduzierten Rohstoffverfügbarkeit. Sie sind daher umfassend auf alle Auswirkungen die Regionalwirtschaft, Beschäftigung entlang der Wertschöpfungskette und Verlagerungseffekte in andere Länder (carbon leakage) zu prüfen. Solche Verlagerungseffekte sind jedenfalls zu vermeiden.
    • j) Die energetische Verwertung von Holz ersetzt fossile Rohstoffe, verhindert die zusätzliche Einspeisung von fossilem Kohlenstoff in den biogenen Kohlenstoffkreislauf und entlastet somit langfristig das Klima. Zusätzlich unterstützt sie die Umwandlung des Energiesystems zur überwiegenden Nutzung erneuerbarer Quellen bei gleichzeitiger Gewährleistung von Energiesicherheit und Verhinderung von Energiearmut. Die Schwächung der Konkurrenzfähigkeit von Holz gegenüber Erdöl, Erdgas und Kohle aufgrund von Erschwernissen bei der Waldbewirtschaftung sind abzustellen (z. B. Renewable Energy Directive II).
    • k) Die bewusste Entscheidung von Konsumenten für langlebige Holzprodukte (z. B. Hausbau) ist als Klimaschutzleistung anzuerkennen und aus dem Klimaschutzfonds zu finanzieren. Produkte auf fossiler Basis sollten mit einem CO2-Preisaufschlag versehen werden, um die Konkurrenzfähigkeit biobasierter Produkte zu erhöhen.
    • l) Es wird abgelehnt, die Waldbesitzer einseitig zu Klimaschutzleistungen zu verpflichten. Die Entscheidungsfreiheit über Grund und Boden würde gravierend eingeschränkt und Einkommenspotenziale vernichtet werden. Dieser massive Eingriff ins Eigentum wäre ohne eine faire Entschädigung mit der österreichischen Verfassung nicht vereinbar.

Zum Weiterlesen

Die Rolle des Rohstoffs Holz für den Klimaschutz
Vom Passagier zum Piloten – Klimawandelanpassung im Wirtschaftswald
Kohlenstoffspeicherung im Wald - Bewirtschafteter und unbewirtschafteter Wald im Vergleich

Zum Nachlesen

Quellen

  • Dipl.-Ing. Martin Höbarth

Dipl.-Ing. Martin Höbarth ist der Geschäftsführer vom Österreichischen Forstverein und Abteilungsleiter bei der Landwirtschaftskammer Österreich.

 

Rechte & Produktion

© 2022 Dipl.-Ing. Martin Höbarth und waldgeschichten.com  –  Die österreichischen Familienwaldbetriebe & Österreichischer Forstverein  –  Unterstützt durch den Holzinformationsfonds der Landwirtschafskammer Österreich.

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