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Mit neuen Baumarten verantwortungsbewusst in die klimafitte Zukunft

Ein Fachbeitrag von DI Martin Höbarth

Die Verwendung nicht-einheimischer Waldbaumarten, auch gebietsfremde Arten bzw. Neophyten genannt, führt häufig zu sehr emotionalen Diskussionen. Es ist eine Tatsache, dass sich aufgrund der Klimakrise die Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse ändern und sich damit auch die Lebensräume und die Voraussetzungen für die Pflanzenvielfalt verändern werden.

Die Wissenschaft zeigt auf, dass in den trockensten Gegenden Österreichs, der Sommerwarme Osten, bereits jetzt mit der rein heimischen Baumartenpalette nicht das Auslangen gefunden werden kann, um die vom Menschen gewünschten Waldleistungen aufrecht zu erhalten. Es besteht aber auch die Gefahr, dass durch das Einbringen fremdländischer Baumarten einheimische Arten verdrängt oder Baumkrankheiten und Schadinsekten eingeschleppt werden, an die die heimische Flora nicht angepasst ist.

So wie bei vielen anderen Themen gibt es aber nicht nur schwarz oder weiß, sondern eine Vielzahl an Grauschattierungen.

Faktenbasierte Diskussion notwendig

Zur Versachlichung des Themas hat nun ein Team europäischer Forschender, geleitet von Thomas Wohlgemuth von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, den Stand des Wissens zu den ökologischen Folgen von eingeführten Baumarten in Europa untersucht. Die Ergebnisse von insgesamt 103 Studien zu sieben gebietsfremden Arten wurden analysiert. Dazu zählten unter anderem auch in Österreich anzutreffende Arten wie z. B. die Douglasie, Roteiche, Robinie oder die spätblühende Traubenkirsche.

Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass Reinbestände von gebietsfremden mit Reinbeständen einheimischer Baumarten verglichen und deren Auswirkungen auf die Artenvielfalt oder den Bodenzustand unter den Bäumen untersucht wurden. Zu den beobachteten Organismen gehörten Pflanzen, Moose, Mikroorganismen und Insekten vom Boden bis in die Baumkronen.

 

Auswirkungen auf die Biodiversität

Da in den 103 Studien nur Reinbestände verglichen wurden, war es für den Leiter des Forschungsteams wenig überraschend, dass die negativen Konsequenzen der gebietsfremden Arten für die Biodiversität überwogen.

So zeigen 65 Studien, dass auf und bei Douglasien weniger Insektenarten leben. Auch Robinien verringern die Vielfalt der Insekten, Eukalyptus diejenige der Vögel. In zusammenhängenden, einheitlichen Pflanzungen schneiden viele eingeführte Arten klar schlechter ab als einheimische.

 

Neue Baumarten haben auch positive Auswirkungen

Die leicht abbaubaren Nadeln der Douglasie können laut Studie sogar mehr Nährstoffe verfügbar machen als die schwerer abbaubaren Fichtennadeln. Die meisten der nicht-heimischen Baumarten beeinflussen die Bodeneigenschaften jedoch nicht. Die Studien, welche positive bzw. negative Effekte der Neuankömmlinge ausweisen, halten sich die Waage.

Der Klimawandel hat massive Auswirkungen auf den Wald

Das Klima ändert sich massiv und der Wald muss daher mit gezielten Strategien und Maßnahmen aktiv klimafit gemacht werden, wenn er bestehen bleiben und weiter seine Wirkung für Mensch, Tier und Natur entfalten soll. Die Familienwaldbetriebe, Forschungsinstitutionen und Forstwirtschaft arbeiten intensiv zusammen, um den Wald klimafit zu machen.

Klimafitter Wald

Den Wald klimafit zu machen ist wohl die größte und existenzielle Herausforderung, der sich die Familienwaldbetriebe stellen müssen. Durch die Waldbewirtschaftung kann der Wald in seiner Zusammensetzung sehr viel schneller an das sich ändernde Klima angepasst werden. Jährlich werden in Österreich von den Familienwaldbetrieben 25 Millionen Baumsetzlinge gepflanzt.

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Alle Waldwirkungen wichtig

Wie die letzten Jahre der Klimakrise gezeigt haben, sind einheitliche und dichte Bestände – egal ob von nicht-einheimischen oder heimischen Baumarten – als Lebensraum und in Hinsicht auf Resilienz ungeeigneter als Mischbestände. Arten- und strukturreiche Wälder sind daher das Ziel.

Die Studienergebnisse zeigen, dass der Einfluss der Douglasie auf die heimische Biodiversität sehr gering ist, wenn sie beigemischt wird. Gleichzeitig können alle Waldwirkungen bestmöglich erhalten werden. Vor allem, wenn andere, weniger dürreresistente Nadelbäume im Hinblick auf den ungebremsten Klimawandel zunehmend ausfallen.

 

Verwandtschaftsgrad auch entscheidend

Laut Studie macht es auch einen Unterschied, ob die gebietsfremden Arten näher oder entfernter mit europäischen Baumarten verwandt sind. So verringern z. B. Eukalyptus oder Akazie, ohne nähere Verwandtschaft in Europa, die Artenvielfalt stärker, als z. B. die Douglasie, die nähere Verwandtschaftsverhältnisse in Europa vorzuweisen hat.

 

Verantwortungsbewusster Umgang von allen notwendig

Allgemein ist ein verantwortungsvoller Umgang mit nicht-einheimischen Baumarten notwendig, vor allem wenn es keine nahen Verwandte dazu in Europa gibt. Dies gilt auch für jede einzelne Bürgerin bzw. jeden einzelnen Bürger. Denn viele der nicht-einheimischen Baumarten im Wald wanderten aus privaten Gärten, öffentlichen Parkanlagen sowie der Begleitvegetation von Infrastruktur in den Wald ein, oder konnten sich aus illegaler Grünschnittablagerung vermehren.

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Quellen

  • DI Martin Höbarth
    DI Martin Höbarth ist Abteilungsleiter bei der Landwirtschaftskammer Österreich.

Quelle: WSL https://www.wsl.ch/de/newsseiten/2023/01/wie-sich-nicht-einheimische-baumarten-auf-die-biologische-vielfalt-auswirken.html#tabelement1-tab2

Publikationen:
Wohlgemuth, T.; Gossner, M.M.; Campagnaro, T.; Marchante, H.; Van Loo, M.; Vacchiano, G.; Castro-Díez, P.; Dobrowolska, D.; Gazda, A.; Keren, S.; Keserű, Z.; Koprowski, M.; La Porta, N.; Marozas, V.; Nygaard, P.H.; Podrázský, V.; Puchałka, R.; Reisman-Berman, O.; Straigytė, L.; … Silva, J.S., 2022: Impact of non-native tree species in Europe on soil properties and biodiversity: a review. NeoBiota, 78: 45-69. doi: 10.3897/neobiota.78.87022

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