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Resiliente naturnahe Bewirtschaftung auf kleinem Raum

Ein Lokalaugenschein im Rahmen der Österreichischen Forsttagung 2025

Zur Österreichischen Forsttagung

Die Österreichische Forsttagung ist das größte jährliche Branchentreffen der heimischen Forstwirtschaft. Seit 1975 bringt sie Forstleute, Waldbesitzer:innen, Wissenschaft und Politik zusammen – organisiert vom Österreichischen Forstverein in Kooperation mit dem jeweiligen Landesforstverein. Jedes Jahr steht die Tagung unter einem anderen Schwerpunkt: Im Mittelpunkt stehen aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel, Biodiversität, nachhaltige Waldbewirtschaftung oder technische Innovationen. Neben Vorträgen und Diskussionen gehören auch praxisnahe Exkursionen zum Programm.

Große Ideen brauchen nicht zwangsläufig große Flächen. Das zeigt ein Blick in den Wald von Michael Kuhrn in Innermanzing, Niederösterreich. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb ist Teil des Exkursionsprogramms der Österreichischen Forsttagung 2025 – und ein lebendiges Beispiel dafür, wie naturnahe, resiliente und klimafitte Waldbewirtschaftung auch im Kleinwald gelingen kann.

Kuhrn zeigt gemeinsam mit Sebastian Jungbauer von Pro Silva Austria, wie das Umsetzen konkret aussehen kann – mit Lichtbaumarten, Dauerwald-Prinzipien, modernem Forstmanagement und einer klaren Haltung zur Verantwortung gegenüber Natur, Wild und Gesellschaft.

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Dauerwald statt Kahlschlag

Eichen, Lärchen, Kiefern und Edelkastanien – sie alle stehen im Mittelpunkt des Dauerwaldkonzepts von Michael Kuhrn. Anstelle großflächiger Nutzungen setzt er auf kleinflächige Hiebe und natürliche Verjüngung, ergänzt durch gezielte Pflanzung. Besonders Lichtbaumarten bekommen hier den Raum, den sie brauchen. So entsteht Schritt für Schritt ein strukturreicher, vielfältiger Wald – mit Bäumen unterschiedlichen Alters und Durchmessers, mit Lebensraum für Artenvielfalt und hoher Widerstandsfähigkeit gegenüber Stürmen, Trockenheit und Schädlingen.

Dieses waldbauliche Prinzip bringt nicht nur ökologische Vorteile. Auch die Ästhetik des Waldes, die Naherholungsfunktion und die langfristige Holznutzung profitieren. Und: Der Eingriff in den Wald bleibt für das Auge des Besuchers fast unsichtbar.

Wildlenkung – Schlüssel zur Verjüngung

Ein weiterer zentraler Aspekt auf dem Betrieb: die Wildlenkung. Denn was nützen klimafitte Baumarten, wenn sie dem Wilddruck nicht standhalten? Hier zeigen Kuhrn und Jungbauer, was möglich ist, wenn Jagdstrategie und Waldbau zusammengedacht werden. Ohne flächendeckende Einzäunung, dafür mit klugem Lenkungskonzept und gezielter Bejagung, gelingt es, Naturverjüngung auch bei sensiblen Baumarten wie der Tanne zu fördern.

Besonders spannend ist die Frage: Was kann Wildlenkung alles bewirken? Denn sie wirkt nicht nur auf den Jungwuchs, sondern auch auf das Verhalten der Wildtiere, die Biodiversität und die soziale Akzeptanz von Jagd und Forstwirtschaft in der Region.

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Fremdländische Baumarten – Ergänzung oder Risiko?

Ein heißes Thema bei der Exkursion: die Rolle nicht-heimischer Baumarten. Edelkastanie, Douglasie oder Küstentanne. Sie gelten als potenzielle Hoffnungsträger im Klimawandel. Doch wie viel „Exotik“ verträgt ein naturnaher Wald? Und was bedeutet das für angrenzende Biotope?

Im Wald von Kuhrn wird deutlich: Es braucht kein Dogma, sondern Augenmaß. Fremdländische Baumarten können – richtig eingesetzt – eine wertvolle Ergänzung sein, müssen aber immer in ihrer Umgebung gedacht werden. Nicht als Ersatz für heimische Arten, sondern als Beitrag zur Diversität und Zukunftsfähigkeit.

Totholz, Kleinbiotope und Software

Die Exkursion zeigt auch, dass Zukunftsforstwirtschaft nicht nur auf die großen Fragen antworten muss – sondern auf viele kleine. Wie viel Totholz ist sinnvoll und wo? Was passiert mit Kleinbiotopen in einem wirtschaftlich genutzten Wald? Und wie lässt sich das alles mit modernen Tools dokumentieren, analysieren und planen?

Auch hier bietet der Kleinwald überraschende Antworten. Mit einer Forstmanagement-Software dokumentiert Kuhrn die Entwicklung seiner Flächen digital und behält den Überblick über Eingriffe, Baumarten, Altersklassen und Maßnahmen – ein Werkzeug, das gerade für kleine Betriebe enorme Chancen bietet, professionell zu wirtschaften und Förderlogiken zu bedienen.

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Zwischen Idealismus und Praxis

Der Betrieb Kuhrn ist kein Hochglanzprojekt mit PR-Ambitionen. Er ist ein realer Forstbetrieb, der sich im Spannungsfeld von wirtschaftlicher Notwendigkeit, ökologischem Anspruch und gesellschaftlicher Verantwortung bewegt. Genau deshalb ist er so wertvoll für die Forsttagung: Er zeigt, dass klimafitte Waldbewirtschaftung nicht allein eine Frage von Ressourcen oder Fläche ist – sondern von Haltung, Planung und Konsequenz.

Fazit: Kleiner Wald, große Wirkung

Die Exkursion nach Innermanzing ist mehr als ein Fachausflug. Sie ist ein Plädoyer für den Mut zur Umsetzung, für das pragmatische Ausprobieren und für die Anerkennung kleiner Betriebe als Innovationsräume der Forstwirtschaft. Gerade der Kleinwald – oft unterschätzt, oft belächelt – kann zum Vorbild werden, wenn es um naturnahe, resiliente Waldentwicklung in Zeiten der Klimakrise geht.

Denn eines ist klar: Die Transformation des Waldes gelingt nicht allein auf dem Papier, sondern draußen, Schritt für Schritt – Baum für Baum, Betrieb für Betrieb.

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